POL-SE: Offener Brief der Polizeidirektion Bad Segeberg infolge einer Veröffentlichung zum Thema "Stalking" in der Hamburger Morgenpost vom 03. 09. 2007
Bad Segeberg (ots)
Die Polizeidirektion Bad Segeberg sieht sich gehalten, aufgrund eines Artikels in der Hamburger Morgenpost vom 03. 09. 2007 unter der Überschrift "Schütz mich vor dem Stalker! 36-Jährige wird von einem Mann (47) terrorisiert" und eines weiteren Artikels derselben Ausgabe auf Seite 2 unter der Rubrik -Meinung- unter der Überschrift "Stalking. Polizei mitschuldig" den nachfolgenden offenen Brief im OTS zu veröffentlichen.
Offener Brief der Polizeidirektion Bad Segeberg:
Sehr geehrte Frau Lamprecht,
in der Hamburger Morgenpost vom 03. 09. 2007 veröffentlichten Sie einen Artikel unter der Überschrift "Schütz mich vor dem Stalker! 36-Jährige wird von einem Mann (47) terrorisiert". Unter demselben Datum nehmen Sie auf Seite 2 unter der Rubrik -Meinung- mit der Überschrift "Stalking - Polizei mitschuldig" weiter Stellung zu dieser Thematik. Dem Artikel zugrunde liegt der Fall einer 36 Jahre alten Frau aus Pinneberg.
In diesem Artikel auf Seite 2 der besagten Zeitungsausgabe stellen Sie unter der Rubrik -Meinung- dar, dass nach dem Gewaltschutzgesetz das Auflauern, Beobachten und Bedrohen anderer Menschen als Straftat gilt. Im nächsten Satz bemängeln Sie weiterhin, dass es nur noch an Polizisten fehlt, die das Gesetz auch konsequent anwenden.
Weiterhin schreiben Sie, ich zitiere "...In Pinneberg aber hapert es damit noch ganz gewaltig, wie das Leiden der Silke M. zeigt...(Zitatende)".
Diese Formulierungen sind missverständlich, entsprechen in Teilen nicht der Wahrzeit und scheinen nicht ausreichend recherchiert.
Tatsache ist, dass auch in Pinneberg der Tatbestand des "Stalkings" gut bekannt ist. Die Polizeibeamtinnen und -beamten wurden entsprechend der Gesetzgebung beschult uns sensibilisiert.
Das Problem im Fall der Frau Silke M. ist in der Tat, dass sie bislang noch keine Einstweilige richterliche Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz erwirkt hat - und dieses vor dem Hintergrund, dass ihr die Polizei mehrfach angeraten hat, eine derartige Verfügung beim zuständigen Amtsgericht zu beantragen. Diese spezielle Einstweilige richterliche Verfügung ist insofern dringend erforderlich, weil erst dann bei einer Zuwiderhandlung nach § 4 Gewaltschutzgesetz ein Straftatbestand auf dieser rechtlichen Grundlage erfüllt ist (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe)!
Dieses mag von außen betrachtet eine "juristische Spitzfindigkeit" sein, allerdings stellt, wie zuvor bereits erklärt, erst ein Verstoß gegen eine Einstweilige richterliche Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz eine Straftat dar und ermöglicht auch erst dann der Polizei ein Einschreiten auf Ermächtigungsgrundlagen der Strafprozessordnung.
Der Gesetzgeber geht bei diversen Delikten, die sich im sozialen Umfeld von Personen ereignen, davon aus, dass der/die Geschädigte eigene Aktivitäten entwickelt. Ohne diese Aktivitäten sind einige derartige Sachverhalte aufgrund fehlender Rechtsvoraussetzungen von der Polizei nicht verfolgbar.
Wie bereits zuvor eindeutig festgestellt, hat sich Frau M., trotz entsprechender wiederholter Beratung durch die Polizei und deutlicher Hinweise auf die Notwendigkeit, nicht entsprechend verhalten.
Im Falle der von Ihnen benannten "normalen" Einstweiligen Verfügung stellt die Polizei lediglich Tatsachen fest, die ein Verstoß gegen die "normale" Einstweilige Verfügung darstellen. Dem/der Geschädigten obliegt es dann, den Zivilrechtsweg zu beschreiten. Auch in diesem Fall hat Frau M. zeitnah entsprechende Hinweise von ihrer Polizei erhalten.
Der Polizei bleibt in diesen Fällen im Rahmen der Gefahrenabwehr dann nur noch die Möglichkeit, auf Grundlage des Landesverwaltungsgesetzes tätig zu werden, was bedeutet, dass die alarmierten Beamtinnen und Beamten u. a. Platzverweise aussprechen und auch durchsetzen können.
Stets geht jedoch eine Gefährdungsanalyse einher mit der Folge, dass bei Missachtung des Platzverweises auch die Möglichkeit einer Ingewahrsamnahme zur Abwendung der Gefahr geprüft und vorgenommen wird.
Im Fall der Frau M. hat sich der in Ihrem Artikel benannte Herr Sch. jedoch nach Erteilung des polizeilichen Platzverweises umgehend entfernt. Für weitergehende Maßnahmen sind dann der Polizei aufgrund der Rechtslage "die Hände gebunden". Es verbietet sich, nach dem Stammtischgrundsatz "Alles was die Polizei kann, darf sie auch!" zu verfahren. Die Polizei ist gem. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz als "vollziehende Gewalt" an Recht und Gesetz gebunden und das ist auch gut so.
Eine Inhaftierung ist ohne weiteres nicht möglich und unterliegt dem Richtervorbehalt. Das gleich gilt ebenso bei längeren Ingewahrsamnahmen als gefahrenabwehrende Komponente.
Die im Fall von Frau M. angezeigten Straftaten wurden von der Polizei ordnungsgemäß aufgenommen, sachlich und fachlich gut abgearbeitet und werden im "Gesamtpaket" der zuständigen Staatsanwaltschaft übersandt.
Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann, ob Anklage gegen den Beschuldigten erhoben wird. Die Aburteilung obliegt dann einem Gericht.
Aufgrund einiger missverständlicher, aber auch unrichtiger Darstellungen Ihrerseits in der Hamburger Morgenpost fühlen sich die Polizeibeamtinnen und -beamten, insbesondere des Polizeireviers Pinneberg, völlig zu Unrecht angegriffen - zumal sie aus eigenem Antrieb u. a. die Streifentätigkeit im Umfeld des Wohnortes von Frau M. erhöht haben. Dieses wird als ständiger Streifenauftrag verstanden.
Ich bitte Sie daher, eine entsprechende Darstellung auf Grundlage des offenen Briefes der Polizeidirektion Bad Segeberg in der Hamburger Morgenpost zeitnah zu veröffentlichen.
Gleichzeitig lädt die Polizeidirektion Bad Segeberg Sie und Ihren Chefredakteur ein, sich über die Gesamtproblematik des Falles mit dem Leiter des Ermittlungsdienstes, dem Leiter des Polizeireviers Pinneberg, dem Leiter der Polizeidirektion Bad Segeberg und der Pressesprecherin der Polizeidirektion Bad Segeberg in einem Gespräch in den Räumlichkeiten unserer Dienststelle auszutauschen.
Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Horst-Peter Arndt Polizeihauptkommissar Leiter der Stabsstelle bei der Polizeidirektion Bad Segeberg
Rückfragen bitte an:
Polizeidirektion Bad Segeberg
- Pressestelle -
Dorfstr. 16-18
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Horst-Peter Arndt
Telefon: 04551-884 2010
Fax: 04551-884 2019
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