Polizeiinspektion Nienburg / Schaumburg
POL-STH: "Wir haben kein junges Leben an den Straßenverkehr verloren!" Beispiellose Erfolge in der Bekämpfung der schweren Unfallfolgen - nur die wachsende Skrupellosigkeit bei Unfallfluchten stimmt nachdenklich
Stadthagen (ots)
"Erfolge bei der Bekämpfung von Verkehrsunfällen sind immer das Ergebnis vieler Beteiligter - aber wir haben sicher einen großen Anteil daran!" beginnt der Leiter der Polizei Stadthagen, Mathias Schröder(42), seinen Bericht über das Unfallgeschehen im Verantwortungsbereich des Polizeikommissariates Stadthagen. Dazu zählen neben der Stadt Stadthagen auch die Samtgemeinden Sachsenhagen, Niedernwöhren und Lindhorst. 838 Verkehrsunfälle registrierte die Polizei für das Jahr 2006, das sind 28 Unfälle oder 3,23 Prozent weniger als im Vorjahr. Die großen Rückgänge liegen aber gerade dort, wo die Polizei seit Jahren ihren Schwerpunkt setzt: bei der Bekämpfung der schweren Unfallfolgen außerhalb geschlossener Ortschaften. "Ich möchte an dieser Stelle den Menschen in und um Stadthagen danken, dass Sie mit viel Verständnis auf die Maßnahmen der Polizei reagiert haben. Zu ihrer eigenen Sicherheit, wie sich jetzt eindrucksvoll zeigt. Vieles von dem, was wir vermitteln wollten, scheint angekommen zu sein."
Verkehrsunfälle mit Personenschaden
In einer ersten Gesamtschau werden bereits die positiven Entwicklungen erkennbar. Um mehr als zehn Prozent (10,84%) sind die Unfälle, bei denen Menschen in irgendeiner Form körperlich zu Schaden gekommen sind, zurück gegangen (2005: 203, 2006: 181 Unfälle). Die Zahl der Getöteten hat sich von 4 auf 2 halbiert. Noch markanter ist der Rückgang der Schwerverletzten um sage und schreibe 58,49 Prozent (Rückgang von 53 in 2005 auf 22 im letzten Jahr). Leicht verletzt wurden im Jahr 2006 204 Menschen bei Verkehrsunfällen. Das entspricht in etwa dem Wert des Vorjahres (201).
Verkehrsunfälle außerhalb geschlossener Ortschaften.
Auch die Straßenstruktur der hiesigen Gemeinden mit ihren vielen Außerortsstrecken führt weiterhin zu häufig überhöhter oder nicht angepasster Geschwindigkeit, dem wesentlichen Kriterium, wenn es um die Folgen eines Verkehrsunfalles geht. Zwar lassen sich in der Regel Unfälle nicht unmittelbar nur auf eine Ursache zurückführen. Häufiger stellen sie sich als eine Kette von Ereignissen und Umständen dar, die sich aus dem Wechselspiel zwischen Straße, Verkehrsablauf und individuellem Fehlverhalten ergeben.
Die Polizei Stadthagen legt in ihrem Bekämpfungskonzept weiter einen besonderen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der schweren Unfallfolgen außerhalb geschlossener Ortschaften (a.g.O.) Konzentriert man sich auf das Unfallgeschehen in diesem Bereich, lassen sich noch größere Erfolge konstatieren. Sind im Jahr 2005 noch alle vier Getöteten den besonderen Verhältnissen a.g.O. zum Opfer gefallen, ist es im vergangenen Jahr "nur" noch einer gewesen (= -75 %). Die Zahl der Schwerverletzten a.g.O. ist im Vergleichszeitraum ebenfalls stark gesunken, nämlich von 30 auf 9, was einem Minus von 70 Prozent entspricht. Damit reduziert sich auch der Anteil der Unfälle mit schweren Folgen a.g.O. von bislang 3,93 Prozent des Unfallgeschehens auf jetzt 1,20 Prozent, was einem Rückgang um 2,73 Prozentpunkte entspricht. Noch deutlicher wird der Trend, wenn man sieht, dass im Jahr 2005 mit 34 von 57 Getöteten oder Schwerverletzten noch immerhin fast 60 Prozent (59,65 %) a.g.O. Unfallopfer wurden und es im vergangenen Jahr nur noch 10 von 24 waren, ein Rückgang des "a.g.O.-Anteils" auf gut 40 Prozent (41,67 %).
Baumunfälle
Spricht man über die Folgen von Verkehrsunfällen steht gerade in ländlich strukturierten Flächengemeinden wie rund um Stadthagen immer auch das Thema Baumunfälle im besonderen Fokus. "Bauliche Maßnahmen, aber auch das weitere Absetzen der Bäume bei Neuanpflanzungen schaffen dort einen erheblichen Sicherheitsgewinn, der schwere und schwerste Verletzungen von Unfallopfern zu minimieren hilft", macht Schröder deutlich. "Wir sind aber überzeugt, auch in diesem Problemfeld mit unseren Aktivitäten nachhaltige Verbesserungen erreicht zu haben" Ähnlich wie bei der gerade beschriebenen Situation a.g.O. ist folgerichtig bei den ebenfalls dort passierenden Baumunfällen ein überaus positiver Trend zu beobachten. Insgesamt ist hier ein Rückgang der Unfallzahlen von 32 auf 23 zu verzeichnen (-28,13%). Niemand wurde bei einem Baumunfall getötet. Die Zahl der Schwerverletzten ging gleichzeitig um zwei Drittel von 12 auf 4 zurück.
Die Geschwindigkeit ist gerade auf den ''Renn- und Tunnelstrecken'' a.g.O. der entscheidende Faktor, wenn es um die Folgen von Unfällen geht. Nur mit intensiver Aufklärung über die Gefahren bei den unterschiedlichen Zielgruppen und mit ständiger und flächendeckender Verkehrsüberwachung lassen sich Trends dort umkehren. "Das ist uns gelungen!", fasst der Polizeichef diesen wichtigsten Abschnitt polizeilicher Unfallbekämpfung zusammen. "Das konnten wir aber nicht allein erreichen - in großen Flächen präsent zu sein, bedeutet großen Personalaufwand. Ich möchte mich darum bei der Verfügungseinheit der Polizeiinspektion und der Bereitschaftspolizei aus Hannover bedanken, die uns bei den vielen Kontrollen tatkräftig unterstützen."
In jungen Jahren
"Wir haben kein junges Leben an den Straßenverkehr verloren!", freut sich Schröder zu Beginn der Betrachtung der beteiligten Altersgruppen. "Weder bei Kindern und Jugendlichen, noch in unserer Problemgruppe der Heranwachsenden wurde jemand getötet . Gerade, wenn es um den Blick in die gesellschaftspolitische Zukunft geht, muss hier unser besonderes Augenmerk liegen, unsere besondere Verantwortung." Beinahe genauso zukunftsweisend sind die Rückgänge bei den Schwerverletzten in diesen Altersgruppen. Im Jahr 2006 war noch ein schwer verletztes Kind zu beklagen (-1). Und vor allem bei der Gruppe der Fahranfänger, den 18-25-Jährigen, ist die Zahl der Schwerverletzten von 10 auf 2 gesunken. Das ist ein Rückgang um 80 Prozent. "Die meisten Kinder sind immer noch als Insassen von PKWs betroffen. Darum haben wir bei unseren Kontrollen in vielen Gesprächen gerade auf diesen Aspekt aufmerksam gemacht. Wir scheinen auch hier auf offene Ohren getroffen zu sein", resümiert Schröder an dieser Stelle. Dass die Gruppe der Fahranfänger auch weiterhin ein wachsames Auge erfordert zeigen die Zahlen bei den Leichtverletzten: Setzt sich der positive Trend bei Kindern und Jugendlichen fort, steigt die Zahl der verletzten Heranwachsenden um fast 50 Prozent (2005:31, 2006:46 = +48,39%) "Ich sehe hier einen Zusammenhang zwischen dem Rückgang bei den Schwerverletzten und der Steigerung bei den leicht verletzten Heranwachsenden. Es werden erkennbar häufiger die Sicherungseinrichtungen genutzt, die häufigeren Fahrfehler und die leichtsinnigere Fahrweise sind damit aber noch nicht abgestellt. Ich setze hier aber auf die positiven Erfahrungen mit dem ''Begleiteten Fahren'' und die Fortsetzung der intensiven Verkehrssicherheitsarbeit - gerade zusammen mit den Schulen sind wir dabei auf einem guten Weg".
Auch die Älteren,
die statistisch in diesem Zusammenhang ab 65 Jahren gesondert erfasst werden, widerlegen die Behauptung, dass eine immer älter werdende Gesellschaft zwangsläufig auch zu mehr Unfallopfern aus dieser Altersgruppe führt. Kein getöteter Senior und ein Rückgang bei den Schwer- und Leichtverletzten um rund ein Drittel stimmen ebenfalls optimistisch, dass mutmaßliche Gesetzmäßigkeiten nicht immer eintreten müssen. "Aufklärung und Beratung sind hier die wichtigen Stichworte - nicht Bevormundung!" betont Schröder. Über die körperlichen Einschränkungen im Alter aufklären, auf die Gefahren bei der Medikamenteneinnahme aufmerksam machen und zur Eigenverantwortung auch im Umgang mit dem Führerschein ermuntern sind die wichtigsten Ziele der Gespräche mit den Senioren.
Die ewige Frage nach dem Warum
Beinahe klassisch mutet die Aufzählung der häufigsten Unfallursachen an: Alkohol, Geschwindigkeit und Abstand sind es, die "vorne liegen", begleitet von Vorfahrtsverletzungen, wie sie gerade älteren Menschen in komplexen Verkehrssituationen häufig unterlaufen. 50 Mal mussten im Jahr 2006 Verkehrsteilnehmer nach einem Verkehrsunfall pusten oder zur Blutprobe. 27 Mal wurde anschließend Alkohol als unfallursächlich festgestellt - der höchste Wert im Landkreis Schaumburg.
"Der leichtfertige Umgang mit Alkohol, den wir gerade bei Jugendlichen in den letzten Jahren immer wieder feststellen, hat sich auch im Straßenverkehr, in der Gesellschaft verankert. Ein Plus von noch einmal 17,40 Prozent ist nicht akzeptabel. Da müssen wir nachlegen. Aber noch wichtiger ist es, sich gegenseitig zur Verantwortung zu ermahnen und Vorbild zu sein - da sind alle gefordert, wir stehen da am Ende der Kette" macht Schröder eindringlich deutlich. Auch vom Rückgang der Zahlen hinsichtlich Drogeneinfluss lässt sich der Polizeichef nicht beeindrucken: "Wir beobachten mit Sorge, wie verbreitet gerade bei den Jugendlichen die so genannten Einstiegsdrogen sind. Ich gehe von einem großen Dunkelfeld aus, dem wir uns weiter annehmen müssen. Jedenfalls sehe ich hier überhaupt keinen Grund zur Entwarnung!" Durch Ansprache und Aktionen in Schulen und Vereinen, aber auch durch gezielte Kontrollen im Straßenverkehr und an Diskotheken sollen Jugendliche und junge Erwachsene auf die besonderen Gefahren aufmerksam gemacht werden.
Dass die Ursachen Geschwindigkeit und Abstand zusammen noch einmal um rund 20 Prozent angestiegen sind, liegt nicht nur an den gefahrenen Spitzengeschwindigkeiten und Geschwindigkeitsübertretungen. "Nicht angepasste Geschwindigkeit kann schon eine deutlich unter 50 sein, wenn die Verkehrssituation es erfordert", so die Erläuterung.
Eine besondere Opferrolle - die Radfahrer
Landkreisweit am häufigsten sind Radfahrer vom Fehlverhalten der Kraftfahrzeugführer betroffen. 31 Mal (2005 = 2006) weist die Statistik aus. Häufig kommt es bei diesem ungleichen Kräfteverhältnis natürlich zu Verletzungen der Radfahrer. Die Polizei wünscht sich deshalb noch mehr Rücksichtnahme gegenüber den so genannten schwächeren Verkehrsteilnehmern. Die sind natürlich auch zu besonderer Vorsicht ermahnt, denn immerhin setzten auch sie 15 Mal die Unfallursache.
Unfallfluchten
Unfallflucht ist eine Straftat mit viel krimineller Energie! Besonders in dem Bereich, in dem die Polizei Stadthagen einen starken Anstieg verzeichnet: bei Unfallfluchten, obwohl jemand verletzt ist. "Skrupellos" nennt Schröder dieses Verhalten. "Hilflosen Menschen nicht zu helfen ist schon verwerflich. Sich um Unfallopfer nicht zu kümmern, deren Verletzung man selbst verursacht hat, ist unverzeihlich!" Möglicherweise ist der Gedanke an die Versicherung mit ursächlich, häufig soll nach Schröders Überzeugung aber auch eine andere Straftat verdeckt werden: die Alkoholfahrt. In Zahlen stellt sich die Entwicklung wie folgt dar: 2005 gab es insgesamt 193 Unfallfluchten, davon 13 mit Personenschaden, also bei rund jeder 15. Unfallflucht ist ein Mensch verletzt gewesen. 2006 gab es insgesamt 178 Unfallfluchten, davon 21 (+61,54%) mit Personenschaden. Das ergibt ein Verhältnis von 1 : 8,5.
Wo es am häufigsten "knallt" - die Unfallhäufungsstellen - und solche, die sich so anfühlen
Im Bereich der Polizei Stadthagen gibt es derzeit zwei Unfallhäufungsstellen, die besonders auffällig sind: Bahnhofstr./Breslauer Str./Nordring (2005:10, 2006:7 VU) Lüdersfeld, L 449, Km 1,0 (2005: 6, 2006: 15 VU)
Eine ebenfalls auffällige Unfallstelle seit 1985 war die so genannte Rösemeier-Kreuzung (Enzer-/Jahn-/Breslauer Straße). Diese Unfallstelle gilt nach mehreren Untersuchungen durch die Unfallkommission und verschiedenen Maßnahmen (u.a. Veränderungen an Schaltzeiten und Markierungen) mittlerweile als entschärft.
Eher "gefühlte" Gefahrenpunkte sind dagegen die Kreuzung Marktstraße / Am Viehmarkt oder die Fußgängerzone. Entgegen der öffentlichen Diskussion gibt es hier keine Besonderheiten fest zu stellen. Das gleiche gilt für den Kreisel Habichhorster Straße / Oberntorstraße. Seit der Fertigstellung des Kreisels ist nur ein Verkehrsunfall bekannt geworden: ein LKW-Fahrer ist über ein Blumenbeet gefahren.
"Vor dem Hintergrund der überaus positiven Unfallentwicklung besteht dennoch kein Anlass, mit den polizeilichen Bemühungen um mehr Verkehrssicherheit nachzulassen", betont der Polizeichef abschließend. "Wir müssen alle gemeinsam am Ball bleiben. Dabei lege ich besonderen Wert auf die konstruktive Zusammenarbeit mit anderen Trägern der Verkehrssicherheitsarbeit", schließt Schröder.
Die im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen entstandenen Sachschäden sind übrigens um 308.947 EUR ( - 12,38 % ) auf jetzt 2.186.494 EUR zurückgegangen.
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