Lausitzer Rundschau: Zur umstrittenen Sponsoring-Praxis von Parteien
Cottbus (ots)
Zuletzt beschäftigte sich im Jahr2001 eine
Kommission mit der Reform der Parteienfinanzierung. Hintergrund war
die CDU-Spendenaffäre. Damals passierten Dinge, die man vorher für
unvorstellbar gehalten hatte. Etwa, dass Geld als "jüdisches
Vermächtnis" aus Liechtenstein in deutsche Parteikassen floss, oder
dass ein veritabler Bundeskanzler anonyme Spenden entgegennahm und
sich weigerte, die Namen zu nennen. Mit größeren Pflichten zur
Veröffentlichung und drakonischen Geldstrafen versuchte die
Kommission der Entwicklung Herr zu werden. Beim Thema "Moderne Formen
des Sponsoring" stellten jedoch sogar diese sehr durchgreifend
arbeitenden Experten fest, dass der "Ideenreichtum" sowohl der
Parteien als auch der von ihnen angesprochenen Privatpersonen und
Unternehmen so groß sei ("unbegrenzt"), dass man hierzu keine
konkreten Vorschläge machen könne.
Vor allen Dingen ist die Dreistigkeit groß. Denn nichts anderes ist
es, wenn Parteien bei ihren Veranstaltungen nicht nur hohe
Standgebühren von "Ausstellern" kassieren, sondern bei der
Gelegenheit auch noch ihr Spitzenpersonal für Gespräche gegen Cash
anbieten. Und noch dreister ist es, wenn zum Beispiel die dabei
ertappte sächsische CDU ohne rot zu werden erklärt, sie habe
Stanislaw Tillich ja nicht als Ministerpräsidenten verhökert, sondern
lediglich als Parteichef. Da trenne man ganz sauber. Offenbar ist
Tillich eine gespaltene Persönlichkeit.
Inzwischen gibt es eine Reihe von unschönen oder zweifelhaften
Vorgängen, angefangen bei den bekannt gewordenen Hotel-Spenden,
gefolgt von Zuwendungen diverser Wirtschaftsverbände über
"Fundraising-Dinner" bis hin zu den jüngsten Fällen von
Parteitagssponsoring. Und inzwischen gibt es auch eine
parteipolitische Diskussion über mögliche Änderungen des Gesetzes.
Allein: Die Parteien sind sich nicht einig, was nicht verwundert.
Denn alle Vorschläge verfolgen neben dem Ziel der politischen
Sauberkeit meistens auch noch das der Schädigung der Mitbewerber.
Im zuletzt 2004 reformierten Parteiengesetz gibt es aber einen neuen
Paragrafen, der den Bundespräsidenten ermächtigt, jederzeit wieder
eine unabhängige Kommission zu berufen, falls er Korrekturbedarf
sieht. Wann, wenn nicht jetzt? Wahrscheinlich ist so eine
Nachjustierung sogar alle paar Jahre notwendig, weil die findigen
Kassierer und Geschäftsführer immer wieder neue Ideen haben, um das
Gesetz zu umgehen. Horst Köhler sollte diese Vorschrift ziehen, ehe
die Rufschädigung der Politik wieder so große Ausmaße annimmt wie vor
zehnJahren.Pressekontakt:
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