Berliner Morgenpost: Was aus Tempelhof wird, bleibt Wowereits Geheimnis
Berlin (ots)
Das war die gute Nachricht in dieser Woche: Die
Modemesse Bread&Butter kommt wieder für jeweils zwei
Monate pro Jahr nach Berlin. Und sie wird die Hangars am
stillgelegten Flughafen Tempelhof, die Fläche davor und auch die
Haupthalle nutzen. Das ist gut für Berlin, für die Mode- und
Kreativszene, auch für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit
(SPD), der das Geschäft persönlich abgeschlossen hat. Die schlechte
Nachricht dabei: Weil Bread&Butter den Zuschlag
erhielt, werden alle anderen bisherigen Pläne für Tempelhof
hinfällig. Den Ideenwettbewerb ("Call for Ideas"), den
Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) organisiert
hatte, kann man einstellen. Wowereit hat damit seine Senatorin, die
ihm stets treu ergeben ist, öffentlich düpiert.
Doch das Schlimmste ist: Investoren, die Berlin so dringend braucht,
werden wieder einmal vom Regierenden Bürgermeister persönlich vor den
Kopf gestoßen. So haben die Filmbetriebe BerlinBrandenburg, die in
Babelsberg erfolgreich arbeiten, frühzeitig ihr Interesse an
Tempelhof und seinen Hangars, an der Haupthalle angemeldet. An dem
Konzept wurde seit 2006 gearbeitet, doch gestern erklärten die
Filmbetriebe die Ansiedlungspläne für gescheitert. Auch die Idee, den
ehemaligen Flughafen Tempelhof zu einem Themenpark Luftfahrt zu
entwickeln und dort das Alliiertenmuseum anzusiedeln, hätte es
verdient, weiterverfolgt zu werden. Wer Touristen nach Berlin holen
will, der kann sich ab und zu etwas Neues einfallen lassen.
Doch da ist der Regierende Bürgermeister vor. In einer
Selbstgefälligkeit, die ihresgleichen sucht, fällt Wowereit
Entscheidungen über die Zukunft Berlins. In der vergangenen Woche
konnte man es gleich zwei Mal erleben - einmal bei der Präsentation
des neuen Zehn-Jahres-Vertrags mit der Modemesse
Bread&Butter, ein zweites Mal in der Diskussion im
Abgeordnetenhaus über das Volksbegehren Pro Reli. Da wies Wowereit
den Vorwurf zurück, er würde tricksen, weil er die endgültige
Abstimmung möglichst früh und nicht zeitgleich mit der Europawahl am
7.Juni durchführen wolle. Die Opposition vermutet, dass
Wowereit durch den frühen Termin einen Erfolg für Pro Reli verhindern
will, da es bei der Europawahl leichter ist, die Wahlberechtigten zu
mobilisieren. Er sei kein Trickser, sagte Wowereit im
Abgeordnetenhaus. "Ich bin die Regierung." Was soll man dazu noch
sagen?
Der Streit über die künftige Nutzung von Tempelhof zeigt aber auch,
dass der Senat kein stimmiges Gesamtkonzept für das denkmalgeschützte
Gebäude und Gelände hat. Und vor allem keines, mit dem man Geld in
die Stadt bringt. Deshalb kann Wowereit tun, was er will, und den
Modemachern von Bread&Butter - dessen Geschäftsführer
er seit langem gut kennt und im Jahr 2006 persönlich mit dem
Landesorden Berlins ausgezeichnet hat -, den Ort für zwei Monate im
Jahr überlassen. Was dort in den anderen zehn Monaten geschieht, ist
bislang Wowereits Geheimnis. Wahrscheinlich interessiert es ihn noch
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