Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V.
Ost- und westdeutsche Unternehmen weitgehend auf Augenhöhe
Berlin (ots)
Expertenkommission begrüßt Abkehr von einer besonderen F&I-Förderung ostdeutscher Unternehmen - Der Anteil innovationsaktiver Unternehmen sollte erhöht und Unternehmen sollten bei der Markteinführung von Innovationen unterstützt werden - Verstärkt Anreize für überregionale und internationale Kooperationen setzen
Das neue Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), das der Bundeskanzlerin heute in Berlin übergeben wurde, untersucht anlässlich des 30. Jahrestages der deutschen Wiedervereinigung die aktuellen Innovationsleistungen Ostdeutschlands und ihre Entwicklungen über die letzten Jahre - auch im Vergleich zu denen Westdeutschlands.
Innovationen gelten als wichtige Treiber der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und damit der Einkommens- und Wohlstandsentwicklung einer Volkswirtschaft. "Studien zeigen, dass Ostdeutschland den Produktivitätsrückstand gegenüber Westdeutschland seit der Wiedervereinigung deutlich verringern konnte: 1991 betrug die Produktivität in Ostdeutschland rund 45 Prozent des westdeutschen Niveaus, 2018 rund 83 Prozent", wie der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Uwe Cantner von der Universität Jena, positiv wertet. Gleichzeitig stellt er fest, dass sich diese Angleichung aber deutlich verlangsamt habe. Hierfür seien vielfältige strukturelle Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland verantwortlich, die nach wie vor vorhanden seien und die sich auch auf die Innovationstätigkeit von Unternehmen auswirkten.
Um den Unterschieden in der Wirtschaftsstruktur zwischen Ost- und Westdeutschland Rechnung zu tragen und so zu einem aussagekräftigen Vergleich zu kommen, wurden nur solche Unternehmen aus Ost und West miteinander verglichen, die ähnliche Strukturmerkmale aufwiesen. Prof. Cantner stellt fest: "Werden nur strukturähnliche Unternehmen miteinander verglichen, so zeigt sich, dass sich die Innovationstätigkeit ostdeutscher Unternehmen in den vergangenen Jahren der Innovationstätigkeit der westdeutschen Unternehmen weitgehend angeglichen hat." Wie der Vergleich zeigt, sind ostdeutsche und westdeutsche Unternehmen bei zentralen Innovationsindikatoren nahezu auf Augenhöhe. "So lassen sich zum Beispiel bei der Innovationsintensität und dem Umsatzanteil mit Produktinnovationen strukturangeglichen kaum mehr Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Unternehmen feststellen," so Prof. Carolin Häussler von der Universität Passau und Mitglied der Expertenkommission. "Ein klarer Aufholbedarf ostdeutscher Unternehmen besteht hingegen noch bei der Aufnahme von Innovationsaktivitäten und der Einführung von Innovationen in den Markt", führt sie weiter aus.
Darüber hinaus zeigt die Analyse, dass ostdeutsche Unternehmen im Rahmen ihrer Innovationsprojekte häufiger kooperieren als westdeutsche Unternehmen. Dabei sind ihre Kooperationen allerdings häufiger regional und weniger international ausgerichtet.
Daraus resultieren folgende Empfehlungen der EFI:
- Eine wichtige Aufgabe der F&I-Politik des Bundes ist es, die
Position Deutschlands im globalen Wettbewerb zu stärken. Daher
sollte der Fokus der F&I-Politik auch weiterhin auf der
Förderung exzellenter Innovationsprojekte in Ost- und in
Westdeutschland liegen.
- Die Expertenkommission begrüßt, dass die Bundesregierung nach
Auslaufen des Solidarpakts II von einer besonderen F&I-Förderung
ostdeutscher Unternehmen absieht. Sie erachtet eine
F&I-Förderung strukturschwacher Regionen für sinnvoll, die sich
an regionalen Merkmalen und nicht an Grenzen von Bundesländern
orientiert. Auch bei dieser Förderung sollte nach
Exzellenzkriterien ausgewählt werden.
- Darüber hinaus befürwortet die Expertenkommission eine
innovationsorientierte Strukturpolitik. Diese fördert etwa über
Infrastrukturmaßnahmen die Potenziale strukturschwacher Regionen
und soll darüber deren Innovationsbereitschaft und -fähigkeit
insgesamt erhöhen.
- Um mehr Unternehmen in strukturschwachen Regionen zu
Innovationsaktivitäten zu motivieren, sollten Unternehmen ohne
FuE stärker in die F&I-Förderung integriert werden - auch durch
Unterstützung von nicht-technischen und sozialen Innovationen.
- Die Expertenkommission empfiehlt, die F&I-Politik zukünftig
stärker darauf auszurichten, Unternehmen in strukturschwachen
Regionen bei der Markteinführung von neuen Produkten und
Dienstleistungen zu unterstützen, um so die Innovatorenquote zu
erhöhen. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere
Unternehmen.
- Die Expertenkommission erachtet die regionale Vernetzung von
Innovationsakteuren als wichtig. Sie regt jedoch an, in der
F&I-Förderung ein höheres Gewicht auf überregionale und
internationale Kooperations- und Vernetzungsformen zu legen.Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) mit Sitz in Berlin leistet seit 2008 wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Wesentliche Aufgabe der EFI ist es dabei, die Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen und zeitlichen Vergleich zu analysieren und die Perspektiven des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland zu bewerten. Auf dieser Basis entwickelt die EFI Vorschläge für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik.
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Dr. Helge Dauchert (Leiter der EFI-Geschäftsstelle)
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